Es ist noch ein weitere Weg, bis die öffentliche Verwaltung im digitalen Zeitalter angekommen sind.
Die OZG-Taskforce skizziert in Ihrer Stellungnahme den aktuellen Stand der Digitalisierung sowie die ungenutzten Potenziale und Problemfelder.
Die Stellungnahme wurde als Ergebnis der 4. Konferenz der OZG-Taskforce in Ludwigsburg am 14.11.2024 von den Mitglieds-Kommunen und -Behörden veröffentlicht.
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Zusammenfassung anzeigen
Trotz vereinzelter positiver Entwicklungen ist die öffentliche Verwaltung noch weit vom digitalen Zeitalter entfernt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wesentliche Verbesserungen realisiert werden.
Die OZG-Taskforce sieht folgende Handlungsbedarfe:
- Standardisierung von Online-Services forcieren
- Eine bundesweite Online-Plattform (anstatt 16) für alle Online-Anträge
- Schnittstellen-Standards forcieren, die miteinander sprechen können
- Verantwortungen definieren, fehlendes bundesweites Projektmanagement, fehlendes Digitalisierungsministerium …
- Aufgabenzuschnitt
- In der digitalen Welt spielen Behörden vor Ort keine Rolle – Zuständigkeiten können bundesweit zentralisiert werden
- Wandel zu antragsfreien und antragsarmen Prozessen vollziehen
- Automatische Bewilligung und Verlängerung von Leistungen bei Vorliegen der Voraussetzungen, z.B. automatischer Kindergeldantrag bei Geburt
- Once-Only – die einmalige Übermittlung von Daten in ein bundesweites Serviceportal als Chance zur Verschlankung von Prozessen und den Abbau von Bürokratie begreifen
- Dauerhafte Finanzierung sicherstellen
- Kostengünstige OZG-Umsetzung durch zentrale Umsetzungen forcieren
- Pflege, Betrieb und Anpassungen dauerhaft finanzieren
- Formanforderungen im Landesrecht
- Schriftformerfordernisse abbauen – Antrag ohne Unterschrift und persönliches Erscheinen
- Kommunikation
- Roadmap für Einer-für-Alle-Prozesse (EfA) etablieren
- Kundenzentrierung
- Zufriedenheit messen, Feedback einholen und Verbesserungen umsetzen
- Kunden bei der Erstellung & Weiterentwicklung einbeziehen
Dank der vergangenen Bestrebungen befindet sich die öffentliche Verwaltung mittlerweile im Aufbruch in das digitale Zeitalter. Damit der Eintritt in die digitale Welt gelingt, benötigt es mutige Entscheidungen Grundsätzliches zu hinterfragen und echte Verbesserungen anzustoßen.
Ausgangssituation
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Am 14. August 2017 wurde das „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen – das Onlinezugangsgesetz“ (OZG), erlassen. Ziel des OZG war es, den Bürger*innen digitalen Zugang zu sämtlichen Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen zu ermöglichen. Bis Ende des Jahres 2022 sollten alle Verwaltungsleistungen elektronisch über Verwaltungsportale den Bürger*innen zur Verfügung stehen.
Dieses Ziel wurde nicht erfüllt, denn bis jetzt ist nur ein kleiner Teil der Verwaltungsleistungen digitalisiert und zumeist nur von wenigen Kommunen nutzbar. Dies war leider schon früh absehbar. Die diesbezüglichen Hauptproblemfelder sowie mögliche Lösungen hat die OZG-Taskforce bereits Ende 2022 in ihrer ersten Stellungnahme zur OZG-Umsetzung thematisiert.
Deshalb begrüßen wir, dass die Novellierung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) Hürden, wie das Schriftformerfordernis mit einer Generalklausel beseitigt hat. Das Ziel die öffentliche Verwaltung flächendeckend mit digitalen, effizienten und hochqualitativen Antragsprozessen auszustatten, bleibt nach wie vor unerreicht.
Die Handlungsfelder im Detail
Standardisierung
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1. Die Folgen fehlender Standards
Die Verwaltungsdigitalisierung der vergangenen Jahre ist von großer Uneinheitlichkeit sowie überaus langsamer Umsetzungsgeschwindigkeit geprägt. Es gibt positive Beispiele wie die „elektronische Wohnsitzanmeldung“ des umsetzenden Bundeslands Hamburg, die als Einer-für-Alle-Leistung (EfA-Leistung) sowohl für Behörden und Bürgern wesentliche Mehrwerte erzielte als auch zügig und effizient auf die einzelnen Kommunen ausrollbar ist.
Diese positiven Beispiele treten jedoch nur vereinzelt auf und sind der Grund, warum Deutschland im europäischen Vergleich in Bezug auf die Verwaltungsdigitalisierung allenfalls Mittelmaß ist. Es fehlt an einer einheitlichen Basis, auf Grund dessen Online-Verwaltungsprozesse entwickelt werden. Vereinzelt existieren Fachstandards wie beispielsweise der XÖV-Standard „xBau“ im Bereich des Bauwesens. Wesentliche Aspekte der Verwaltungsdigitalisierung bleiben jedoch unverbindlich, ungeregelt oder ungenau. Insbesondere fehlt es an einer technologischen Plattform, auf der by-design Online-Prozesse mit einheitlich hoher Qualität und Geschwindigkeit umgesetzt werden können.
Die Folgen dieser fehlenden Standards bekommen die Kommunen täglich zu spüren. So können beispielsweise EfA-Prozesse nicht unmittelbar nachgenutzt werden, da zuvor aufwendige Vorbereitungsarbeiten erforderlich sind. Diese entstehen häufig dadurch, dass das erstellende Bundesland den EfA-Prozess vorranging für das eigene Bundesland entwickelt. Der Prozess ist dadurch zumeist inhärent inkompatibel mit nachnutzenden Bundesländern. Schließlich mangelt es an forcierten fachlichen Standards zu Schnittstellen, Nachrichtenübertragung und Qualität. Bevor die Nachnutzung beginnen kann, sind daher häufig umfangreiche Prüfungs- und Vorbereitungsarbeiten notwendig. Gleichzeitig garantiert ein vorhandener Standard nicht zwangsläufig auch die effiziente Nachnutzung des EfA-Prozesses. So ließ sich in den letzten Jahren viel zu häufig beobachten, dass selbst verbindliche Standards nicht umgesetzt wurden, da diese nicht forciert werden.
Auch aufseiten der Ersteller von EfA-Prozessen führt der Mangel an Standards zu erheblichen Kosten und Aufwänden. Um einen Online-Prozess zu realisieren, benötigt es zwangsläufig eine Prozessplattform als technische Basis. Ein solche Prozessplattform ist nicht bei allen umsetzenden Ländern vorhanden oder funktional ausreichend. Häufig muss daher zuerst eine Plattform für den EfA-Prozess aufgebaut werden, bevor die Umsetzung überhaupt beginnen kann. Die Kosten hierfür sind ebenso vermeidbar wie die verlängerte Entwicklungszeit. Nachteilig ist zudem, dass die dabei entwickelten Prozessplattformen zumeist nicht nachnutzbar sind. So sind beispielsweise das „Virtuelle Bauamt“ und „ehe-digital.de“ aufwendige Sonderentwicklungen, die ausschließlich für die jeweils abgebildeten Themenfelder „Baugenehmigung“ und „Eheschließung“ verwendbar sind. Obwohl von den erstellenden Bundesländern mit bestem Wissen und Gewissen erstellt, handelt es sich um Insellösungen, die Teil des ebenso kostspieligen wie bedenklichen Trends „Pro Prozess eine Plattform“ sind.
Eine wesentliche Ursache für fehlende Standards ist, dass die Gesamtverantwortung der Verwaltungsdigitalisierung bis heute nicht konkret festgelegt und zentralisiert ist. Es existiert keine eindeutige Stelle, die die Verwaltungsdigitalisierung gesamtheitlich mit Nachdruck verfolgt, die Effizienz und Qualität von Online-Prozessen maximiert und gleichzeitig mit adäquaten Kompetenzen ausgestattet ist. Stattdessen finden noch zu häufig parallele und entgegenlaufende Anstrengungen statt. Im Zweifel ist zudem die Verantwortung für die Verwaltungsdigitalisierung viel zu leicht über föderalen Ebenen oder an sonstige Beteiligte hinwegverwiesen. Als visuelle Unterstützung verweisen wir diesbezüglich auf das Wimmelbild zur „digitalen Verwaltung“ des Nationalen Normenkontrollrats.
2. Zentrale Prozessplattform für Deutschland als Lösung
Für die qualitativ hochwertige und zügige Verwaltungsdigitalisierung ist die Standardisierung ein wichtiges Schlüsselelement. Jeder Standard muss sowohl nutzenfokussiert, präzise als auch verbindlich sein. Entscheidend ist darüber hinaus, die zunächst theoretischen Standards in eine praktisch nutzbare IT-Lösung zu überführen. Es bedarf einer deutschlandweiten zentralen Plattform für Online-Prozesse, die dank inhärenter Standardkonformität die Umsetzungsdauer von Online-Prozessen minimiert und gleichzeitig gleichbleibend hohe Qualität garantiert. Als weiterer positiver Nebeneffekt würde die zentrale Prozessplattform, die technischen Rahmenbedingungen für Online-Prozesse homogenisieren und vereinfachen. Die aktuell hohen Pflege- und Betriebsaufwände von EfA-Prozessen würden dadurch minimiert.
Dazu müssen zunächst präzise Fach-Standards definiert werden, die das Fundament für eine homogene fachliche Basis bilden. Ergänzt durch einen einheitlichen Service-Standard müssen die erarbeiteten Standards anschließend in Basiskomponenten überführt werden. Diese Basiskomponenten müssen direkt und flexibel nachnutzbar sein. Dadurch würde Synergiepotenzial zwischen Online-Prozessen erschlossen und Mehrfachentwicklungen vermieden werden. Das Ziel muss es hierbei sein, mithilfe der zentralen Prozessplattform das technische Fundament für hochwertige und kostengünstige Online-Prozesse zu legen.
3. Ende-zu-Ende-Standardisierung
Eine zentrale Erkenntnis des OZG 2.0 ist es, dass für die Realisierung echter Mehrwerte Online-Prozesse nicht nur online zugänglich, sondern auch durchgehend digitalisiert sein müssen. Diesbezüglich ist von sogenannter „Ende-Zu-Ende-Digitalisierung“ die Rede, die von zielgerichteter Standardisierung ebenfalls profitiert.
Zur Bewältigung der täglichen Arbeit nutzen Kommunen zumeist mehrere hundert Fachverfahren. Für ein spezielles Themenfeld existieren zudem häufig mehrere unterschiedliche Produkte, was im Sinne des Wettbewerbs grundsätzlich begrüßenswert ist. Problematisch ist jedoch, dass entscheidende Bestandteile, wie Datenformate, Schnittstellen und die technische Kommunikation mit anderen IT-Systemen nur selten standardisiert sind. Dadurch sind die Fachverfahren häufig inkompatibel zu den datenliefernden Prozessplattformen, über die die Kunden die Anträge stellen.
Vereinzelt existieren zwar Standards für das Datenformat wie beispielsweise der XÖV-Standard „xBau“. Diese sind jedoch nicht verpflichtend und daher nicht immer implementiert. Damit die Mehrwerte der Ende-zu-Ende-Digitalisierung realisiert werden können, müssen auch für Fachverfahren verbindliche Standards hinsichtlich der Schnittstellen, Datenformate und Kommunikationen mit anderen IT-Systemen definiert und forciert werden. Besonders wichtig ist, mit Blick auf den gesamten Verwaltungsprozess die diesbezüglichen Standards nicht auf der Basis von Zuständigkeiten oder vorhandenen Fachverfahren zu erstellen, sondern den gesamtheitlichen Nutzen in den Vordergrund zu stellen.
Wann immer möglich sollten überdies Fachverfahren zentralisiert werden. Vereinzelt schöpfen bereits jetzt dank der Standardisierung einige wenige Fachverfahren wie beispielsweise „AutiSta“ im standesamtlichen Bereich sowie „DIMAG“ im Archivwesen, das Potenzial der Digitalisierung aus.
Aufgabenzuschnitt
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Das digitale Rathaus unterscheidet sich grundlegend von den Rathäusern der analogen Welt. Aufgrund der ständigen Erreichbarkeit von Online-Prozessen verliert die örtliche Nähe zur zuständigen Behörde an Bedeutung. Gleichzeitig werden unter anderem die Einfachheit und Verständlichkeit der Online-Prozesse umso wichtiger, schließlich fehlt den Bürgern während der digitalen Beantragung die persönliche Beratung.
Hinsichtlich der Beratung können aktuelle Entwicklungen wie beispielsweise Chat-Bots Abhilfe schaffen. Angesichts des Fachkräftemangels, der aufgrund des demografischen Wandels zunehmend kritischer wird, ist es jedoch unabdingbar die kommunalen Aufgaben grundsätzlich zu hinterfragen. Die oberste Priorität hat dabei die kommunale Daseinsvorsorge, die sowohl im analogen als auch im digitalen Bereich lückenlos sicherzustellen ist. Dies ist jedoch insbesondere dann gefährdet, wenn die Kommune den ihr aufgetragenen Aufgaben zunehmend nicht mehr nachkommen kann.
Als Gegenmaßnahme muss für digitale Antrage geprüft werden, ob die lokale Zuständigkeit bei der ortsnahen Kommune überhaupt erforderlich ist. Der EfA-Prozess für die digitale Zulassung „iKFZ 4“ ist in dieser Hinsicht ein gutes Beispiel. Das Potenzial Zuständigkeiten zu vereinfachen wurde zwar erkannt, jedoch nicht vollständig ausgeschöpft. So entfällt für einige KFZ-Zulassungsdienstleister wie beispielsweise große Autohändler oder Versicherungen die lokale Zuständigkeit. In diesen Fällen wird das betroffene KFZ direkt in das entsprechende Register des Kraftfahrbundesamtes eingetragen. Die vorherige Bearbeitung in der KFZ-Zulassungsstelle vor Ort entfällt. Ähnliches sollte auch Privatpersonen ermöglicht werden, die leider immer noch von der Auslastung der lokalen Zulassungsstelle abhängig sind.
Sowohl bei der Gesetzgebung als auch bei der Umsetzung von EfA-Prozessen sollten die Zuständigkeiten in der analogen und der digitalen Welt getrennt betrachtet werden. Nach Möglichkeit sollten in der digitalen Welt vereinfachte Zuständigkeiten angewandt werden, damit die kommunale Daseinsvorsorge weiterhin gewährt bleibt.
Wandel zu antragsfreien bzw. antragsarmen Prozessen
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Eines der großen Versprechen der Digitalisierung ist es, die Bearbeitung von Anträgen erheblich zu beschleunigen. Bis jetzt bleibt dieses Versprechen uneingelöst. Das Potenzial der Digitalisierung bleibt folglich ungenutzt. Insbesondere im Hinblick auf den Fachkräftemangel muss die öffentliche Verwaltung gerade jetzt den Mut haben, Grundsätzliches zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Es reicht nicht aus analoge Antragsprozesse in die digitale Welt zu überführen. Um echte Mehrwerte zu erzielen, gilt es auch die Leistungsbewilligung als solche zu optimieren.
Mit zunehmender Digitalisierung wird auch die öffentliche Verwaltung zunehmend vernetzter. Daten können zwischen Online-Prozessen, Fachverfahren und Registern abgeglichen, validiert und übertragen werden. Das Automatisierungspotenzial steigt. Leistungen, die anhand eindeutiger Kriterien bewilligt werden, sollten automatisch genehmigt werden. Zudem sollten Bewilligungsvoraussetzungen wann immer möglich automatisch geprüft werden.
Wird beispielsweise ein Kind geboren, wird dieses dem zuständigen Standesamt gemeldet. Anschließend erhalten die Eltern automatisch die Steuer-ID des Kindes. Das Kindergeld muss jedoch separat beantragt werden. Antragsfreie Prozesse wie das Beispiel der Steuer-ID bilden zum Zeitpunkt der Verfassung die absolute Ausnahme. Das Potenzial für antragslose Prozesse besteht grundsätzlich für alle Leistungen, die aufeinander aufbauen oder einen gemeinsamen Auslöser haben. So entstünden den Kommunen beispielsweise erheblich weniger Aufwände, wenn nach einem Umzug und der obligatorischen Ummeldung des Wohnsitzes auch das KFZ oder Hund automatisch umgemeldet werden würden.
Großes Potenzial bieten auch Leistungen, die befristet bewilligt werden. Bei einer etwaigen Verlängerung muss zumeist ein vollständiger Antrag gestellt werden. Je nach Art der Leistung wäre es besser, wenn die Antragsvoraussetzungen zyklisch mithilfe von Datenabfragen automatisiert geprüft und bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisiert weiterbewilligt werden. Sofern dies nicht möglich ist, sollte wenigstens die Beantragung der Verlängerung optimiert werden. Anstatt alle zuvor übermittelten Daten erneut zu fordern, sollte lediglich abgefragt werden, ob und welche Daten sich geändert haben.
Damit das Potenzial der antragsfreien oder antragsarmen Leistungsbewilligung überhaupt realisierbar ist, müssen die Gesetzgeber bereits bei der Konzeption von Rechtsgrundlagen dieses Potenzial prüfen und berücksichtigen. Darüber hinaus müssen gegebenenfalls bestehende Rechtshürden beseitigt werden.
Aus technischer Sicht ist die Vernetzung der Daten ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Mithilfe der zuvor thematisierten Standardisierung und zentralen Bereitstellung essenzieller Komponenten werden die Grundvoraussetzungen geschaffen, um Online-Prozesse, Fachverfahren sowie digitale Kommunikationswege zu vernetzen. Mindestens ebenso wichtig ist die Harmonisierung der OZG-Umsetzung mit der Registermodernisierung. Dank der Registermodernisierung sollen Daten, die der Behörde bereits vorliegen, nicht vom Bürger erneut abgefragt werden. Diese einmalig übermittelten Daten werden als „once only“ bezeichnet.
Bisher wurden die OZG-Umsetzung und die Registermodernisierung weitgehend unabhängig voneinander vorangetrieben. Für den Erfolg der Digitalisierung ist es essenziell, dass zwischen diesen beiden Digitalvorhaben einheitliche Standards und Qualitätsniveaus definiert und forciert werden. Ebenso muss die jeweilige Weiterentwicklung mit Fokus auf den entstehenden Nutzen aufeinander ausgerichtet und harmonisiert werden.
Kommunikation
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In vielen Kommunen, insbesondere den kleinen Gemeinden, sind die personellen Ressourcen für die Digitalisierung begrenzt. Digitalisierungsmaßnahmen müssen daher sorgfältig abgewägt und priorisiert werden. Hinsichtlich der EfA-Prozesse fehlen den Kommunen adäquate Informationsquellen. Ein positiver Ansatz ist diesbezüglich der EfA-Marktplatz, über den einsehbar ist, welcher EfA-Prozesse nachnutzbar sind.
Damit die Kommunen hinreichend planen und priorisieren können, bedarf es einer EfA-Roadmap, damit ersichtlich ist, welche EfA-Prozesse aktuell geplant sind oder sich in der Umsetzung befinden. Damit die Kommunen den jeweiligen EfA-Prozess auch in den eigenen Haushalt einplanen können, bietet es sich ebenfalls an, die jeweilige Kostenstruktur zu veröffentlichen.
Formanforderungen im Landesrecht
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Mit der neuen Generalklausel zum „Schriftformersatz“ in § 9a OZG beseitigt der Bund mit der Schriftform ein wesentliches Hindernis für die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Seither können grundsätzlich alle Leistungen, für die Bundesrecht die eigenhändige Unterschrift des Antragsstellers fordert, auch digital mithilfe der Online-Ausweisfunktion beantragt werden.
Leistungen, die auf dem Landesrecht basieren, bleiben davon unberührt und sind dementsprechend häufig nicht digitalisierbar. Aus diesem Grund fordern wir die Bundesländer dazu auf, nachzuziehen und ebenfalls eine entsprechende Generalklausel einzufügen. Im Zuge dessen sollten die Gesetzgeber auch in anderen Landesgesetzen die Formerfordernisse überprüfen und gegebenenfalls streichen. So ist beispielsweise der Kirchenaustritt trotz der hohen Nachfrage und der praktischen Umsetzbarkeit aufgrund entsprechender Formerfordernisse noch immer nicht digital beantragbar.
Finanzierung
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Die kommunale Haushaltslage ist bedrohlich und verschlechtert sich voraussichtlich noch weiter. Finanziell stehen viele Behörden mit dem Rücken zur Wand. Daher muss es dem Bund und den Ländern die erste Priorität sein, die Finanzierung der Verwaltungsdigitalisierung nachhaltig zu klären und die Kosten zu minimieren.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist die Kostenminimierung durch Standardisierung, die im gleichnamigen vorherigen Abschnitt thematisiert wird. Werden im Zuge dessen zentrale Lösungen erstellt, müssen diese ebenso zentral durch den Bund finanziert werden. Dies erfolgt zum Zeitpunkt nicht abschließend. Insbesondere in der Nachnutzung von EfA-Prozessen entstehen den Kommunen erhebliche Folgekosten wie für die Fachverfahrensanbindung. Bedenklich ist in dieser Hinsicht der Trend, dass zentrale einmalige Entwicklungen durch Dienstleister allen nachnutzenden Kommunen in voller Höher in Rechnung gestellt werden. Der Bund muss dem Einhalt gebieten, sowohl durch zentrale Finanzierung zentraler Lösungen als auch durch entsprechende Berücksichtigung im Zuge von Vertragsverhandlungen mit den Dienstleistern.
Weiterhin ist der Finanzierungsbedarf aus kommunaler Sicht für EfA-Prozesse häufig intransparent. Es existiert keine einheitliche Kostenkalkulation. Der EfA-Prozess muss meist ungesehen eingekauft werden. Die dafür notwendige Interessensbekundung muss in der Regel bereits abgegeben werden, bevor die Kosten exakt beziffert sind. Die vorläufige Finanzierung der Nachnutzung schafft diesbezüglich aufgrund der zeitlichen Befristung falsche Anreize. So sind die Kommunen nicht nur dazu gezwungen die sprichwörtliche „Katze im Sack“ zu kaufen, sondern auch die umsetzenden Bundesländer nicht ausreichend motiviert einen kostenminimalen und hochqualitativen Online-Prozess bereitzustellen. Ein negatives Beispiel hierzu ist der EfA-Prozess „eWaffe“, dessen laufende Kosten in Baden-Württemberg die eingenommenen Gebühren der Leistung erheblich übersteigen können.
Vernachlässigt sind überdies die Pflege- und Wartungskosten von EfA-Prozessen. Insbesondere im Hinblick auf erforderliche Anpassungen aufgrund von Gesetzesänderungen ist eine zentrale Finanzierung unabdingbar.
Bürgerzentrierung
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Ein Online-Prozess erzielt nur dann Mehrwerte, wenn dieser von den Kunden tatsächlich genutzt wird. In dieser Hinsicht schöpfen viele Online-Prozesse das Potenzial nicht aus. Die Nutzungsrate ist gering. Die Gründe dafür sind meist vielfältig. In vielen Fällen ist der Online-Prozess schlicht nicht bekannt.
Wird ein Online-Prozess jedoch bewusst nicht genutzt oder gar währenddessen abgebrochen, ist das ein Indiz für einen Mangel am Prozess. Um diese Mängel zu beheben, sollten Online-Prozesse bereits bei der Entwicklung konsequent an den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger*innen ausgerichtet werden. Insbesondere müssen Nutzungsbarrieren vermieden und die Bedienung so einfach wie möglich gestaltet werden. Sinnvoll ist es diesbezüglich den Online-Prozess von Bürger*innen zu testen zu lassen. Falls die umzusetzende Leistung sich an eine spezifische Kundengruppe richtet, sollten zudem geeignete Interessensgruppen wie beispielsweise die Industrie- und Handelskammer bei Leistungen für Unternehmen an der Entwicklung beteiligt werden.
Auch unter ausreichender Einbeziehung der Kunden während der Entwicklung sind Mängel am Online-Prozess unvermeidbar oder entwickeln sich gegebenenfalls im Verlauf der Zeit durch Änderungen der Nutzergewohnheiten. Für die Kommunen ist es daher unabdingbar, dass Online-Prozesse beziehungsweise die zugrundeliegenden Prozessplattformen Statistiken, Kundenzufriedenheit und Feedback erfassen. Erst die daraus gewonnen Erkenntnisse ermöglichen es Nachbesserungspotenziale und die Qualität von Online-Prozessen zu messen.
Trotz mehrmaliger Forderung werden in „service-bw“, dem baden-württembergischen Behördenportal, bis heute keine entsprechenden Statistiken oder vergleichbare Metriken erfasst. Etwaige Mängel an den auf „service-bw“ erstellten Online-Prozessen sind dadurch nicht bezifferbar. Positive Beispiele wie der EfA-Prozess „Aufenthaltstitel“ beweisen, dass Statistiken wichtige Erkenntnisse zur Qualität des Online-Prozesses liefern. „service-bw“ muss daher um entsprechende Funktionen erweitert werden, damit die Kommunen das Potenzial der Digitalisierung ausschöpfen können.
Neue Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz ermöglichen es zudem, die Service-Qualität zu steigern. Nutzen Bürger*innen einen Online-Prozess, mussten diese bisher auf die persönliche Beratung während der Antragstellung verzichten. Mithilfe qualitativ hochwertiger Chat-Bots können Bürger*innen erstmals auch im digitalen Bereich beraten werden. Vereinzelt bieten insbesondere mittlere und größere Kommunen derartige Chat-Bots an. Da diese Chat-Bots als Wissensquelle zumeist nur auf die Daten einer Kommunen zugreifen können, schwankt die Beratungsleistung mitunter stark und schöpft das Potenzial nicht aus. Ein verwaltungsübergreifender Chat-Bot mit dementsprechend größerer Wissensquelle wäre für die Kommunen und damit auch für deren Bürger*innen ein enormer Zugewinn.